Montag, 8. Juli 2019

Monat 7 - Temiandu

Sich für die Verspätung zu entschuldigen, bringt glaube ich wenig, aber falls doch noch jemand hier vorbeischaut: Ich habe beschlossen, diesen Blog hier doch noch zu vervollständigen, bzw. es zumindest zu versuchen. Die Motivation, sich hinzusetzen, und einen Post zu schreiben, fehlte in den letzten Monaten leider, obwohl ich den Großteil von diesem schon im Juni 2018 verfasst habe. Allerdings freut man sich ja hinterher doch irgendwie über das Ergebnis und das macht es es wert, sich wieder hinzusetzen und zu schreiben, auch wenn es eineinhalb Jahre zuspät kommt.

Der Februar war emotional gesehen ein ziemliches Auf und Ab. Wir haben viel gefeiert und es gab viele schöne Momente, aber es war auch der Monat in dem man sich bewusst wurde, dass ein ganzes Jahr in einer fremden Familie und Kultur doch echt lang ist. Dass auch sieben Monate unter demselben Dach nicht reichen, um eine Familie komplett zu verstehen und dass gerade das Denken, man wäre doch mittlerweile lang genug da, nicht dazu beiträgt, dass Sachen besser werden. Damit das jetzt niemand falsch versteht - ich habe die beste Gastfamilie, die man sich wünschen kann und gerade jetzt, wo ich diesen Eintrag schreibe, verstehen wir uns besser als je zuvor, aber gerade im Februar ist mir dann doch (und vielleicht das erste Mal so richtig) bewusst geworden, wie groß die Unterschiede zwischen deutscher und paraguayischer Familienkultur wirklich sind. Was ich außerdem über mich gelernt habe, ist, dass es mir immer noch unglaublich schwer fällt, Probleme offen anzusprechen, aus Angst, jemandem etwas zu unterstellen oder ihn gar zu verletzen (was sehr paraguayisch ist, aber nicht unbedingt zur Lösungsfindung beiträgt) und dass es wirklich keine Schande ist, bei solchen Dingen Hilfe von außen in Anspruch zu nehmen. Zum Glück gibt es aber die von AFS gestellten Ansprechpartner, und zu dritt haben wir die Missverständnisse dann in den Griff bekommen und seitdem ist wieder alles gut.  

So, nach dieser emotionalen Episode nun zu dem, was im Februar passiert ist:
Angefangen haben wir mit dem Geburtstag meiner Gastmutter, gefolgt von dem meiner Gastschwester, die wir natürlich gebührend gefeiert haben. Auch mein kleiner Gastcousin hatte Geburtstag, sodass wir wieder ein schönes Wochenende in Caacupé verbringen konnten.

Unser Hotel in Asunción
Mitte Februar kam dann das zweite von AFS organisierte Seminar auf uns zu - das Mid-Stay-Camp. Entgegen meiner (wahrscheinlich etwas pessimistischen) Erwartung war das Camp absolut super, die Einheiten über Werte und paraguayische Kultur haben geholfen, Vieles aus den letzten Monaten noch einmal richtig einordnen zu können und es hat unglaublich geholfen, sich nochmal mit den Mitfreiwilligen aussprechen und austauschen zu können, und vor allem dabei zu merken, dass wir alle völlig unterschiedliche Jahre, aber trotzdem ziemlich gleiche Schwierigkeiten erleben.


Luque
Auf dem Weg zum Seminar habe ich dann wieder gemerkt, warum das Allzweckschuhwerk eines Paraguayers immer Flipflops sind... Egal ob Matsch, Regen oder Sonnenschein. Auf dem Weg dahin hat es nämlich angefangen zu schütten, und während man in Deutschland tranquilamente seinen Regenschirm auspacken und weiter seines Wegs gehen kann, verwandeln sich aufgrund fehlender Abwassersysteme die Straßen innerhalb weniger Minuten in fließende Bäche. Da wird das Straße-Überqueren schon zu einer Herausforderung. Dementsprechend bis auf die Unterwäsche durchnässt sind wir dann auch alle im Hotel des Seminars angekommen.
Am letzten Seminartag haben wir noch einen Ausflug durch die Nachbarstädte Asuncións, Luque, Areguá und San Bernadino gemacht.

Gruppenbild auf dem Cerro Koi, einer Gesteinsformation, die es sonst auf der Welt nur noch in Neuseeland und an einem anderen Ort gibt
Ausblick vom Hügel, auf dem die Kirche in Areguá steht

Im Februar ist nicht nur in Deutschland Rosenmontag, auch in Paraguay wird carnaval gefeiert. Ursprünglich kommt das Spektakel aus Río de Janeiro, wird aber auch von zahlreichen Institutionen hier in Paraguay als Anlass genommen, ein bisschen zu feiern. Meine älteste Gastschwester hat mich glücklicherweise dazu überredet, bei dem unseres Sportclubs mitzumachen. Zusammen mit den Seniorinnen aus der Zumba-Sparte haben wir dann einen Piratentanz aufgeführt. Bei den Proben habe ich auch meine erste richtige gleichaltrige Freundin hier in Paraguay kennengelernt. Dadurch, dass ich den Großteil des Tages arbeite und den Rest mit meiner Gastfamilie verbringe, stellt sich der Kontakt zu Gleichaltrigen relativ schwierig dar. Meine Gastschwestern haben mich aber auch sehr gut in ihren Freundeskreis integriert, was auch sehr schön ist. Trotzdem ist es schön, zu wissen, dass ich auch noch allein in der Lage bin, Menschen kennenzulernen ;). 


Das letzte Highlight, von dem ich in diesem Post erzähle, ist unser Besuch bei der Messe (misa) in Caacupé. Angefangen mit einem traumhaften Sonnenaufgang auf der Hinfahrt (bei Gottesdienstbeginn um acht Uhr und zwei Studen Fahrzeit muss man früh aufstehen), war auch der Gottesdienst selbst ein wunderschönes Erlebnis. Es wurde viel gesungen, gepredigt und für die kleinen Besucher gab es ein Bastelprogramm nebenbei.

el amanecer

Das Bastelprojekt des kleinen Jungen vor uns




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