Dienstag, 10. Oktober 2017

Monat 2 - Mba'eichapa Paraguay


Luna paraguaya - wie man hier ganz gut sieht, wandert die Mondsichel hier nicht von rechts nach links, sondern von oben nach unten

Da ist schon wieder ein Monat rum... Ein Monat gefüllt mit sehr viel Nachdenken und dem Alltagswahnsinn, der sich so ergibt, wenn man sich an das Leben in einem neuen Land mit einer neuen Kultur gewöhnt. 

Was gibt's also Neues?
Meine Straße
Ich habe mich weiterhin gut eingelebt, auf der Arbeit bekomme ich jetzt nach und nach mehr Aufgaben, was mich sehr freut.
So langsam hat sich auch so etwas wie Alltag eingestellt und gerade in den letzten Tagen hatte ich öfter das Gefühl, mich auch hier zu Hause zu fühlen.
Passend dazu hier ein Blick auf die Straße vor unserem Haus:

Mein Spanisch hat sich weiterhin sehr verbessert, bis auf einzelne Wörter oder Phrasen verstehe ich mittlerweile alles, und vor ein paar Tagen habe ich mich mit einem Arbeitskollegen fast eine Stunde lang über deutsche Geschichte und Wahlsysteme unterhalten, so schlecht kann es also nicht sein ;).

Apropos Wahlen... Der Versuch, von Paraguay aus per Briefwahl an der Bundestagswahl teilzunehmen ist leider daran gescheitert, dass die Wahlunterlagen erst am Montag nach der Bundestagswahl hier ankamen. Mit einer Versandzeit von sechs Wochen von Post aus Deutschland muss man also auf jeden Fall rechnen, aber immerhin kommt die Post überhaupt an.
An dieser Stelle an alle, die sich Postkarten gewünscht haben: Ich arbeite dran, habe aber bis jetzt weder eine Postkarte noch einen öffentlichen Briefkasten gesehen, ihr müsst euch also noch ein bisschen gedulden.

Wahl-"Graffiti"
Hier in Paraguay sind im April nächsten Jahres Wahlen, wo sowohl der Präsident, also auch der Senat und die Governeure der "Bundesländer" neu gewählt werden. Interessant finde ich, dass es hier nur wenige für uns klassische Wahlplakate gibt, sondern Namen der Kandidaten auf Mauern und Hauswände gemalt werden.
Die grösste Partei Paraguays nennt sich "Asociación Nacional Republicana" bzw. Colorado (abgeleitet von der roten Farbe), ihr entstammt auch der jetzige President Horacio Cartes. Laut meinem Gastvater gab es in den letzten 70 Jahren nur einen Präsidenten, der nicht colorado war, und der wurde vorzeitig abgesetzt. Der neue Kandidat, Santiago Peña, wird wohl auch wieder gewinnen.Die zweitgrößte Partei sind die Liberalen, allerdings ist mir zumindest noch kein einziges Plakat von ihnen aufgefallen und auch die Werbespots im Fernsehen, die ich bis jetzt gesehen habe, machen alle Werbung für Peña.

Mit meiner Familie läuft weiterhin alles super. Seit etwa einer Woche sind wir nun zu Hause zu neunt, da meine Mutter statt der Frau, die sonst dreimal die Woche zum Putzen kam, nun eine Haushaltshilfe angestellt hat, die auch fest bei uns wohnt -  was in Paraguay aber durchaus nicht untypisch ist. Da diese aber auch erst 20 Jahre alt ist, ist sie für mich quasi wie eine weitere Schwester. Außerdem kommen gerade am Wochenende regelmäßig Tanten, Onkel oder Familienfreunde zu Besuch, sodass eine Person mehr fast gar nicht auffällt.

Hof meiner Gastgroßeltern
Bei so einer großen Familie gibt es natürlich reichlich Geburtstage - im September wurde meine Gastgroßtante 80, es gab asado (also Gegrilltes, wie bis jetzt zu jedem Geburtstag außer einem, auf dem ich war), zum Nachtisch Kuchen und ein Feuerwerk. Zum 76. Geburtstag meines Gastopas sind wir nach Villarrica, einer Stadt etwa drei Stunden von Asunción entfernt, gefahren. Villarrica ist landschaftlich sehr schön mit viel grüner Natur - und auf dem Weg mussten wir auf der Straße sogar ein paar Male einer Kuh ausweichen.



Herd draußen bei meinen Gastgroßeltern (es gibt aber drinnen auch noch eine ganz normale Küche)

Landschaft bei Villarrica

Día de las empanadas
Am vierten Oktober war hier offizieller "día de las empanadas" (Empanada-Tag), weshalb ich mit meiner Gastcousine und meinem Gastcousin, die auch mit im Haus wohnen, natürlich Empanadas essen war. Empanadas sind im Prinzip gefüllte Teigtaschen, zum Beispiel mit carne (Hackfleisch), pollo katupiri (Hühnchen mit einem Käse) oder auch vegetarisch mit Mais oder Käse. Die untere empanada auf dem Bild ist eine sogenannte "Mbejunada", eine Mischung aus empanada und mbeju, einer paraguayischen Teigspezialität aus Mehl, Stärke und Käse - ebenfalls sehr lecker.

Mangobaum
Worauf ich mich essenstechnisch auch schon sehr freue, ist die Mangozeit. Was in Deutschland die Apfelbäume am Strassenrand und in den Gärten sind, sind hier Mangobäume. Im Moment sind die Früchte noch grün und nicht essbar, aber im Sommer kann dann geerntet werden.
Am ersten Oktober wurden hier zumindest schonmal die Uhren auf Sommerzeit gestellt - die Zeitverschiebung nach Deutschland beträgt jetzt also nur noch fünf Studen; wenn in Deutschland auf Winterzeit umgestellt wird, nur noch vier.


Juegos Universitarios
Und zum Abschluss noch eine kleine Geschichte aus dem paraguayischen Studentenleben: Letztes Wochenende war ich mit meiner Gastschwester bei den "Juegos Universitarios" - eine Art Wettkampf aller Fakultäten der Universidad Nacional de Asunción, wo sie studiert. Hierzu haben wir uns erst auf einem Sportplatz getroffen, um einem Fussballturnier der 16 (!) Herrenfußballmannschaften ihrer Fakultät Ingenieurswesen zuzuschauen.Anschließend sind wir per Autokorso mit Luftballons und Fahnen zu einem Sportcenter gefahren, in dem die Veranstaltung stattfinden sollte. Nach ziemlich langer Warterei wurden zunächst die "Königinnen" jeder Fakultät präsentiert; das eigentliche Event bestand dann aus einem Tanzwettberwerb der Tanzmannschaften jeder Fakultät. Ich habe mich trotz des ohrenbetäubenden Lärms sehr gefreut, dass ich das miterleben durfte.

P.S. Mit "mba'eichapa" begrüßt man sich auf Guaraní.